Bitcoin als Währung in Soest?

Vor Kurzem sorgte die Meldung für Aufsehen, dass das mittelamerikanische Land El Salvador den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel anerkannt hat. Der Bitcoin ist die bekannteste der sogenannten Kryptowährungen, also rein digitales Geld. Wobei der Bitcoin eigentlich gar kein Geld ist, sondern eher ein wertvoller Rohstoff wie Gold. Das sagt Mike Olech, Soester Digitalunternehmer und Kryptowährungsexperte. Mit ihm haben wir gesprochen über die Welt der Bitcoins und auch über die Frage, was passieren würde, wenn in Soest nur noch mit Bitcoins gezahlt wird.

Also noch mal zum Grundsätzlichen. Was ist ein Bitcoin? Für Mike, der sich seit knapp zehn Jahren mit dem Bitcoin und vor allem der Blockchain-Technologie beschäftigt, die die Erzeugung von Bitcoins erst ermöglicht, ist er zunächst ein fast alltägliches Zahlungsmittel. Ein Bier hat er sich schon vor einigen Jahren davon gekauft, sagt er. Bitcoin ist allerdings ein Zahlungsmittel mit einigen Besonderheiten. So gibt es nicht unendlich viele Bitcoins. Das ist technisch so vorgesehen. Bitcoins werden daher anders als Geld auch nicht einfach erzeugt und dann gedruckt, sondern wie natürliche Rohstoffe, etwa Gold, erst aufwendig geschürft. Im Fall vom Bitcoin bedeutet das, dass aufwendige und energieintensive Rechenprozesse durchgeführt werden müssen, um einen Bitcoin zu erzeugen. Für Mike, der sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt und dazu auch wissenschaftlich forscht, ist diese Unterscheidung zwischen regulärem Geld und den digitalen Zahlungsmitteln wichtig.

Im deutschen Steuerrecht sind übrigens Kryptowährungen gerade erst als Thema angekommen. Klare Definitionen sind daher noch nicht vorhanden. Aber ist in El Salvador, das so groß ist wie Hessen, das Steuerrecht so viel weiter? Oder warum wurde der Bitcoin dort eingeführt? Zunächst, so Mike Olech, sei das ein politischer Schachzug gewesen, der dem Land und seiner finanziellen Situation Aufmerksamkeit bescheren sollte. Und das hat auch ausgezeichnet funktioniert. Aber auch eine weitere Besonderheit des Bitcoins dürfte eine Rolle gespielt haben. Der Bitcoin ist nämlich an keine Zentralbank gebunden, sondern im Gegenteil in einem dezentralen digitalen Netzwerk gespeichert. Dieses Grundprinzip der dezentralen Verschlüsselung macht den Bitcoin fälschungssicher und damit vertrauenswürdig. Und man muss wie El Salvador nicht bei der Weltbank um einen Entwicklungskredit anklopfen, der dann eventuell abgelehnt wird.

Diese Unabhängigkeit, die sich das 6,5 Millionen Einwohner-Land damit von den etablierten Finanzinstitutionen über Nacht geschaffen hat, könnte aus Sicht von Mike Olech in naher Zukunft viele Nachahmer finden

Durch seine Strategie entzieht sich El Salvador in geldpolitischen Fragen allerdings auch ethischen und menschenrechtlichen Fragen, die bei gängigen Kreditvergaben natürlich eine Rolle spielen. Insbesondere El Salvadors Präsident Nayib Bukele sieht sich immer wieder mit dem Verdacht konfrontiert, systematisch gegen demokratische Grundrechte vorzugehen.

Aus Sicht von Mike Olech ist der Schritt, den das mittelamerikanische Land gegangen ist, dennoch ein finanztechnisch hochinteressantes Experiment. Und aktuell auch relativ erfolgreich – jedenfalls rein monetär betrachtet. Für ihn ist klar, dass sich Kryptowährungen als Zahlungsmittel auch global unaufhaltsam durchsetzen werden.  

Spinnen wir den Gedanken also einfach mal fort: was, wenn Soest erklären würde, dass es den Bitcoin als Zahlungsmittel einführt? Mike Olech lacht bei der Vorstellung und weißt darauf hin, dass Soest von der deutschen Presse wahrscheinlich stark kritisiert würde, dass der internationale Aufmerksamkeitseffekt, den auch El Salvador erlebt hat, aber riesig ausfallen dürfte. Und eine solche Plattform könne man natürlich nutzen.

Technisch sei das alles übrigens gar kein Problem, stellt Mike Olech klar. Denn auch jetzt könne man ja schon viele Dinge mit Bitcoins bezahlen. Man brauche dafür nur eine Debitkarte, also eine Zahlungskarte, die das Geld direkt vom Konto abbucht. Und der Händler merke dann eigentlich gar nicht, dass man mit Kryptogeld gezahlt habe. Allerdings sei es extrem unwahrscheinlich, dass der Bitcoin den Euro irgendwann als Hauptwährung verdrängt. Aber über eine parallele Regionalwährung in Form von Kryptogeld könne man natürlich nachdenken. Mike Olech hätte dazu natürlich schon Ideen…

Wir merken, dass wir noch ganz viele Fragen haben: wie funktioniert eigentlich noch mal genau die Blockchain, die das alles erst möglich macht mit dem Bitcoin? Und war das Schürfen, also das Errechnen der Bitcoins nicht ziemlich umweltschädlich, weil es so viel Energie verbraucht? Wenn El Salvador wirklich einen Domino-Effekt auslöst und viele folgen werden, was heißt das für das globale Finanzsystem? Diesen Fragen widmen wir uns bestimmt demnächst. Glücklicherweise gibt es in Soest ja Expertinnen und Experten für (fast) alles.

Bildquelle: Ewan Kennedy via unsplash

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