„Digitalisierung läuft schon ganz gut in Schulen“ – Soester Gesichter
Erstellt am: 29.01.2025
Digitalisierung hat viele Gesichter – Soest auch. In unserer Reihe „Soester Gesichter“ sprechen wir mit Personen, die in Soest leben oder arbeiten und erfahren, was aktuelle Themen und der digitale Wandel mit ihrem (Berufs-)Leben machen.
Wir haben uns mit Linus Sprungk unterhalten, der sich als Vorsitzender der Stadtschülervertretung für die Meinungen und Belange der Schülerinnen und Schüler in Soest einsetzt.
Hallo Linus, schön, dass du da bist. Wir würden gerne mit einer kleinen Vorstellung anfangen: Wer bist du? Wo kommst du her? Was machst du?
Hallo, ich bin Linus Sprungk aus Soest. Ich bin Schüler auf dem Conrad von Soest Gymnasium (Convos) und besuche gerade die Q2 (Qualifikationsphase 2), also das letzte Schuljahr. Darüber hinaus bin ich noch Vorsitzender der Stadtschülervertretung Soest. Demnach habe ich erstmal einen ganz normalen Schüleralltag, aber organisiere auch für Schüler in ganz Soest die Möglichkeit des politischen Mitbestimmens. Schüler sollen die Möglichkeit haben mitzureden und als Schülerschaft gehört zu werden.
Was sind denn genau deine Aufgaben als Schulvertreter und warum bist du Schulvertreter geworden?
Also die Aufgabe als Vorsitzender der Stadtschülervertretung ist in der Regel das Treffen mit verschiedenen Organisationen. Zum Beispiel hier mit dem stadtLABOR, mit dem Bürgermeister, aber auch mit Organisationen, wie UNICEF, die uns unterstützen möchten. Wir sitzen ebenfalls im Stadtrat und im Ausschuss für Schule und Weiterbildung als beratender Sitz. Ich selber sitze nicht im Stadtrat, ich übernehme vor allem die Kommunikation und ich bin quasi das Gesicht der Stadtschülervertretung. Ich mache das eigentlich hauptsächlich, weil es vorher keine Schülervertretung gab. Ich habe die Stadtschülervertretung gegründet, damit wir überhaupt mal die Möglichkeit haben, als Schülerschaft überschulisch vertreten zu sein.
Jede Kreis- und Stadtschule (außer den Grundschulen) ist mit jeweils zwei Vertretern bei uns Mitglied. Diese werden im Schülerrat gewählt – das kann jeder aus der Schülerschaft sein. In den Sitzungen sind wir dann meistens so 10 bis 20 Personen und wir treffen uns einmal im Quartal.
Kannst du ein paar konkrete Beispiele nennen, was konntet ihr bereits umsetzen?
Wir hatten Treffen mit verschiedenen Parteien, wir besprechen dann was bei uns gut und was weniger gut läuft. Zum Beispiel konnten wir dadurch bewirken, dass im Aldegrever Gymnasium Wasserspender installiert wurden.
Ansonsten haben wir z. B. die Tafelaktion organisiert. Die Tafel sammelt Spenden und wir haben jede Schule dazu angeregt, auch Spenden zu sammeln. Wir haben dadurch neue Kommunikationswege gebildet, da sonst die Schulen untereinander, gerade die Schülerschaft, nicht miteinander kommunizieren. Wir sind jetzt aber auch gerade mal ein komplettes Schuljahr als Stadtschulvertretung aktiv, da lag der Fokus erstmal auf der Gründung und der Festigung. Ab jetzt geht es dann Richtung Projekte.
Wir setzen uns ja auch vor allem mit dem Thema Digitalisierung auseinander. Beschäftigt euch das Thema Digitaler Wandel konkret in der Schülervertretung? Siehst du Chancen oder auch Herausforderungen?
Aus Sicht der Schülerschaft würden wir sagen, dass der Stand der Digitalisierung heute eigentlich ganz gut an den meisten Schulen ist. In der Regel hat seit der Pandemie jede Schule ein vernünftiges Konzept. Das lief in der Übergangsphase erst nicht gut – vor allem auch über die Coronazeit hinweg. Als die Tablets pflichtmäßig eingeführt wurden, gab es selten Einweisungen, es wurde nicht über die iCloud informiert, viele Schüler haben auch deswegen ihre Daten verloren. Aber jetzt gibt es wirklich an vielen Schulen ein vernünftiges Konzept, wie die Lehrkräfte ins iPad einführen.
Die Vorteile sind natürlich ganz groß. Abgesehen davon, dass es wirklich sehr viel umweltschonender ist, anstatt auf Papier zu schreiben, bin ich auch viel schneller mit einem Tablet. Gerade in der Kommunikation mit anderen ist es sehr praktisch, auch in der Zusammenarbeit innerhalb der Schülervertretung. Ich kann einfach meine Datei, meine Task Card an eine weitere Schule schicken und dann können Projekte einfach nachgemacht werden. Wir können viel einfacher und schneller Termine ausmachen und sind ansprechbar für die Schülerschaft.
Hast du überhaupt noch Stifte und Arbeitsblätter im Unterricht?
Bis auf für die Klausuren habe ich nichts mehr dabei. Ich habe auch generell keinen Stift mehr dabei (lacht). Auch kaum einer meiner Freunde – immer nur Apple-Pencil und Tablet und wenn überhaupt haben wir noch Bücher dabei.
Gibt es Aspekte, wo du sagst, da ist noch Nachholbedarf?
Also ich finde, dass unsere Schule eigentlich mit dem, was wir haben, ganz gut aufgestellt ist. Ich finde auch gut, dass es immer noch die Möglichkeit gibt, mit Stift und Papier zu schreiben. Dennoch wäre es gut, weiterhin Lehrkräfte zu schulen. 70 % können das, was sie können müssen, aber es gibt immer noch einige, wo es ein wenig hapert und wo Schüler helfen müssen. Ich würde sagen, das ist das Wichtigste, die Lehrkräfte müssen gut geschult werden.
Wie gut schätzt du denn die digitalen Kompetenzen der Schüler ein? Ist z. B. der Umgang mit Social Media bei euch ein Thema?
Das ist ein sehr großes und wichtiges Thema, aber leider wird es im generellen Unterricht nicht wirklich miteinbezogen oder behandelt. Wir haben aber z. B beim Convos Anti-Mobbingtage und da wird digitales Mobbing teilweise mitaufgenommen. Gerade Social Media ist ja das, was die Jugend aktuell stark benutzt, deswegen muss man gerade darauf eingehen und die Schulen müssen sich dem Verhalten der Jugendlichen anpassen.
Wie ist das im Unterricht? Dürft ihr Antworten googlen oder ChatGPT nutzen? Wie verändert sich da das Lernen?
Das ist auf jeden Fall eine sehr große Grauzone, was wir dürfen und was nicht. Also in der Regel haben die meisten Lehrer es akzeptiert, dass es neue digitale Tools gibt und sie diese schlecht verbieten können, da diese so oder so benutzt wird. Manche Lehrer versuchen, die Aufgaben so zu stellen, dass ChatGPT die Aufgabe nicht lösen kann. Aber generell wird ChatGPT durchgehend benutzt. Ich kenne keinen Schüler, der es nicht benutzt, dafür sind die Vorteile zu groß und die Zeitersparnis zu gut. Das größte Problem ist glaub ich, das Lesen bzw. das Lesetempo zu verlernen.
Wir kommen schon fast zum Abschluss. Was macht für dich denn eine lebenswerte Stadt aus?
Für mich ist eine lebenswerte Stadt, wo jeder mit jedem kommunizieren kann, wo man generell nicht vor anderen Leute Angst haben muss, sondern jeder als Teil der Stadt akzeptiert wird. Wo Neues begrüßt wird. Generell sag ich mal, wo man eine Community hat, wo miteinander gesprochen wird und man sich nicht voneinander abschottet.
Und was wünscht du dir noch für Soest in der Zukunft?
Schwierige Frage. Also ich find Soest macht schon sehr vieles sehr gut. Ich finde, wenn überhaupt, wäre es vielleicht der Umgang mit neuen Menschen, auch mit Asylbewerbern, die nach Soest kommen. Es braucht eine gute Integration und niederschwellige Beschäftigungsmöglichkeiten. Es ist natürlich ein generelles Problem in der Politik, dass man als Asylbewerber teilweise wirklich Jahre warten muss, bis man überhaupt arbeiten darf. Trotzdem glaube ich, dass auch Soest daran arbeiten kann. Daneben finde ich den wichtigsten Punkt die Klimaneutralität, die wir in der Stadt auf jeden Fall weiter voranbringen müssen.