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  • Foto: Jennifer Borm

„Es ist total schön, Geschichten zu erzählen“ – Soester Gesichter

Erstellt am: 25.01.2024

Digitalisierung hat viele Gesichter – Soest auch. In unserer Reihe „Soester Gesichter“ sprechen wir mit Personen, die in Soest leben oder arbeiten und erfahren, was aktuelle Themen und der digitale Wandel mit ihrem (Berufs-)Leben machen. Wir haben uns mit Jennifer Borm unterhalten, die als Podcast-Redakteurin in der Soester Umgebung unterwegs ist und 2023 erstmals die Allerheiligenkirmes mit einem Podcast begleitet hat.

Hallo Jenny, schön, dass du da bist. Magst du uns zum Einstieg ein wenig über deinen Hintergrund erzählen?

Ja, gerne. Mein Name ist Jennifer Borm, ich bin Ende 30 und als Redakteurin in den verschiedensten Bereichen tätig. Ich habe als Radioredakteurin beim lokalen Hörfunk angefangen und bin jetzt Redakteurin für Podcasts. Wir sind hier im Kreis Soest aber auch überregional tätig. Das ist meine Leidenschaft, weil ich schon immer neugierig war und wahnsinnig gerne Geschichten entdeckt habe.

Was verbindet dich mit Soest?

Ich bin so ein kleines bisschen in die Nähe von Soest gerutscht, kann man sagen. Ich komme eigentlich aus Olpe im Sauerland und Soest sagte mir früher immer nur was wegen der Allerheiligenkirmes. Mein Mann und ich haben immer gesagt, wenn wir mal ein Haus haben, dann in Welver. Das ist genau das richtige für uns, weil ich vom Land komme und das Ländliche dort so mag. Und genau das verbindet mich auch so mit Soest, weil es wie meine Heimat Olpe ist: eine kleine und irgendwie familiäre, heimelige Stadt. Ich mag dieses Kuschelige an Soest – und irgendwann verläuft man sich in diesen winzigen Gassen auch nicht mehr so sehr. (lacht) Außerdem bin ich gerne für Veranstaltungen in Soest.

Deine Arbeit als Redakteurin lebt von Stories und ihr habt dieses Jahr (2023) das erste Mal die Allerheiligenkirmes mit einem Podcast begleitet, wie war das?

Es war uns einfach wichtig, mal einen Podcast darüber zu machen, was hier wie ein hoher Feiertag ist. Die Allerheiligenkirmes bedeutet den Soestern ja einfach wahnsinnig viel und es war so schön, das auch in unseren Podcast-Folgen erleben zu können und kleine versteckte Geschichten zu entdecken. Wir haben zum Beispiel mit dem Fischbudenbesitzer gesprochen, der in Soest aufgewachsen ist und seit 40 Jahren seinen Stand auf der Kirmes hat. Diesen Stand hatten schon seine Eltern vor ihm und die ganze Familie hat verschiedene Fahrgeschäfte.

Dann haben wir noch mit einer Frau gesprochen, die aus Soest stammt, aber mit ihrer Familie in Stuttgart lebt. Sie kommt jedes Jahr zur Allerheiligenkirmes für 5 Tage am Stück wieder hierhin und ihre beiden erwachsenen Töchter sind auch dabei. Und obwohl die beiden eigentlich im Schwabenländle aufgewachsen sind, sind sie durch ihre Mutter total verbunden mit der Kirmes.

Es ist einfach total schön, solche Geschichten erzählen zu können, das ist ein schöner Mehrwert für jeden und der Grund, warum ich Podcasts mache; weil es eine schöne Sache ist, in der eigenen Gegend so ein bisschen zu forschen, aber auch mal rauszugucken, was denn außerhalb noch so los ist.

Uns beschäftigen hier im stadtLABOR der digitale Wandel und die Soester Zukunft / Zukunftsfragen (o.ä.) ganz stark. Was assoziierst du mit dem Begriff Digitalisierung?

Für mich ist Digitalisierung ein Oberbegriff für eine riesige Baustelle. Es spricht ja Bände, dass wir hier in Deutschland und auch Soest – auch wenn wir schon vor vielen anderen Orten sind – quasi letztes Jahr erst Glasfaser bekommen haben. Ich find es erschreckend, dass das andere Länder – wenn man so nach Skandinavien guckt – einfach so viel besser hinbekommen und dann frag ich mich immer, woran das eigentlich liegt. Daher dieser Baustellenbegriff für mich.

Was hat sich denn für dich durch die Digitalisierung verändert?

Ich würde sagen, dass ein Teil meines Berufslebens gar nicht existieren würde, wenn es diese Art von stärkerer Digitalisierung, stärkeren Bezug zu Social Media und Spotify nicht geben würde. Es gibt aber auch Sparten, z. B. beim Radio, wo sich in den letzten Jahren wahnsinnig viel gewandelt hat, gerade in Richtung Social Media. Früher war die Homepage so das Ding und jetzt muss man rundum denken; an Videos, den Algorithmus… Es gibt so viele Komponenten, die da mittlerweile mit reinspielen. Bei dem Radiosender, bei dem ich arbeite, wird jetzt auch TikTok bespielt, da komme ich mir dann manchmal vor, als wäre ich uralt.

Ich bin eigentlich den Weg in die digitalere Welt von Anfang an mitgegangen, aber jetzt kann ich nachvollziehen, dass sich meine Mutter früher irgendwann abgehangen gefühlt hat. Da denke ich mir manchmal: Es reicht jetzt auch. Es reicht, wenn ich Instagram, Facebook und vielleicht LinkedIn bespielen muss. Da brauche ich dann nicht auch noch TikTok oder Twitch oder so. Und auch der Aufbau von Internetseiten: Es muss alles möglichst intuitiv handelbar sein, weil es sonst abschreckend ist für die Leute. Ich kenne Kolleginnen und Kollegen, die früher noch mit Tonbändern aufgenommen haben. Da hat sich dann doch viel gewandelt.

Wir haben noch einen zweiten großen Begriff dabei: Was stellst du dir unter einer Smart City vor?

Der Begriff ist mir schon mal begegnet. Ich könnte jetzt keine Definition nennen, aber ich habe direkt eine Vorstellung davon, was das jetzt so für mich bedeuten würde. Natürlich kommen einem direkt so spacige Sachen in den Kopf, aber im Grunde genommen würde ich mir von einer Smart City wünschen, dass sie mir mein Leben und Vorankommen erleichtert. Zum Beispiel dadurch, dass ich per App sehe, welche Parkhäuser noch frei sind und was sie kosten oder wo welcher Bus oder Zug hält. Oder auch Bushaltestellen, die digital angebunden sind oder dass ich Parkautomaten mit der EC-Karte benutzen kann. Und das alles am besten auf einer Plattform.

Aber auch, dass Behördengänge digital und vor allem einfacher sind und ich nicht für alles rumkommen muss. Als ich zum Beispiel eine Mülltonne ummelden wollte, musste ich immer suchen, wann ich jemanden erreiche. Das ist doof für beide Seiten, weil es beide aufhält und man nicht immer Zeit zum Telefonieren hat. Könnte es nicht eine Möglichkeit geben, das digital zu machen? Das würde doch für alle viel erleichtern.

Was wünscht du dir für die Soester Zukunft?

Zwei Wochen Allerheiligenkirmes! (lacht) Auf jeden Fall eine bessere Busanbindung, denn das ist eine Katastrophe. Man sagt immer, man soll mehr mit Bus und Bahn fahren, aber wenn ich aus meinem Dorf nur zwei Mal am Tag rauskomme, und zwar mit dem Schulbus, dann ist das ein Problem. Wenn zum Beispiel meine Tochter Freunde besuchen möchte, bedeutet das immer, dass ich sie fahren muss. Mit dem Rad müsste sie über eine vielbefahrene Bundesstraße fahren, was ich nicht so toll finde für ein Kind. Und mit dem Bus kommt sie nirgends hin. Da würde ich mir mehr Busse wünsche, das wäre für alle lebenswerter.

Und gerade, weil ich es hier so heimelig finde und so schön gemütlich, hoffe ich, dass man hier immer darauf achtet, dass die Innenstadt so attraktiv bleibt, wie sie ist. Ich finde die Mischung wunderbar aus inhaberbetriebenen und den größeren Geschäften und hoffe, dass das alles nicht an Qualität verliert. Klar shoppe ich auch mal online, aber für mich oder uns als Familie ist es auch ein kleines Event; wir nehmen uns Eis auf die Hand und bummeln durch die Stadt. Das finde ich wichtig zu erhalten.

DAS GESPRÄCH FÜHRTEN ELISABETH SÖLLNER UND HELGE ERNST AM 7.12.2023.