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  • Portätfoto von Lena Kuptz

    Foto: stadtLABOR Soest

„Im Zelt gibt es keine Steckdose“ – Soester Gesichter

Erstellt am: 10.02.2022

Digitalisierung hat viele Gesichter – Soest auch. In unserer Reihe „Soester Gesichter“ sprechen wir mit Personen, die in Soest leben oder arbeiten und erfahren, was aktuelle Themen und der digitale Wandel mit ihrem (Berufs-)Leben machen.

Lena Kuptz ist Pfadfinderin durch und durch: schon ihre Eltern waren bei den Pfadfindern und noch in Windeln erlebte sie ihr erstes Zeltlager. Heute ist sie Truppführerin bei den Pfadfindern in Soest und verantwortlich für die Jugendarbeit. Gemeinsam mit den Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern organisiert sie das Programm. Wir sind mit Lena Kuptz über die Bedeutung traditioneller und gemeinschaftlicher Werte und die Chancen der Digitalisierung als Bildungsinstrument ins Gespräch gekommen.

Wir sind neugierig: Wer ist so unterwegs bei den Pfadfindern? Und was gefällt dir besonders gut?

Das ist wirklich eine bunte Mischung aus allen Berufsfeldern und Altersgruppen – von sechs bis 90 Jahren. Die Vielfältigkeit macht es aus! Man muss natürlich offen und neugierig sein, es ist kein Standardhobby. Pfadfinder sein hört sich ja erstmal ein bisschen uncool an. Denn bei Pfadfindern denkt man vielleicht erstmal an Natur, Kekse verkaufen und gute Taten. Aber im Grunde ist das viel mehr: ein Verein voller Freunde und das ist das, was ich immer wieder mitnehme. Ich kann mich hier auf jeden verlassen und das ist auch das, was mich seit vielen Jahren dabei hält.

Natürlich brennt uns eine Frage unter den Nägeln: Wie digital sind die Pfadfinder? Spielt Digitalisierung überhaupt eine Rolle?

Ja! Eine ganz große Rolle spielt das tatsächlich in der Vereinsverwaltung. Da sind wir auch nicht mehr beim klassischen Papierordner. Wir tauschen uns über WhatsApp aus, über die Cloud erarbeiten wir das Programm gemeinsam und auch Schulungen und Talkrunden laufen zum Teil online ab. Auch in den Gruppenstunden bauen wir gezielt digitale Elemente ein, weil gerade Jugendliche natürlich viel empfänglicher sind, Dinge heute so zu lernen. Wir nutzen zum Beispiel auch mal eine Pflanzen-Scan-App, machen Erklärvideos und Trickfilme mit dem Gimbal oder navigieren mit GPS statt über Kompass.

Auf der anderen Seite versuchen wir auch von digitalen Medien wegzukommen. So liegt der Fokus immer noch auf dem Navigieren mit Kompass und Karte. Uns ist es wichtig, dass man auch mal abschalten kann. Bei einem Gruppenwochenende oder Zeltlager bleibt das Smartphone zu Hause. Es gibt im Zelt ja auch keine Steckdose! Das hat Vorteile: Denn es schadet der Gemeinschaft und Kommunikation, wenn man am Lagerfeuer sitzt und jeder zweite am Smartphone daddelt.

Ihr habt ja eine sehr wertebasierte Gemeinschaft: Glaubst du, dass Digitalisierung da eher hilfreich oder hinderlich ist oder ist das egal?

Ich glaube, man muss digitale Tools passend einbauen. Man kann digitale Tools super einsetzen, um Kinder und Jugendliche anzusprechen, gerade um Interesse und den Entdeckergeist zu wecken. Oder wenn wir zum Beispiel auch mal selbst etwas dazu lernen wollen. Aber wir können in unserem Verein nicht allem die digitale Haube überstülpen, dann würden wir das verlieren, wofür wir stehen.

Würdest du sagen, dass das für die Pfadfinder allgemein gilt?

Die Pfadfinder sind eine riesige weltweite Bewegung. Die einen wagen sich gar nicht an das Thema, weil für sie klassische und „back-to-the-roots-Ansätze“ wichtig sind. Andere sind da schon deutlich weiter. Ich würde uns in Soest so in der Mitte sehen. Wir werden das Thema auch zukünftig weiter angehen. Wir würden zum Beispiel total gerne eine Pfadfinder-App machen.

Zum Schluss noch ein kleines Gedankenspiel: Wenn wir uns vorstellen, dass der Strom komplett ausfällt und wir kein Internet hätten, wissen dann Pfadfinderinnen und Pfadfinder besser Bescheid, wie man sich ohne digitale Werkzeuge zurechtfindet?

Ich sage mal so: die Pfadfinder könnten immerhin noch für Wärme mit einem Lagerfeuer und Essen sorgen! Die könnten Musik machen und sie würden auch mit einer Karte und Kompass klarkommen – der ein oder andere vielleicht auch mit den Sternen. Aber ehrlicherweise würden sie digitale Werkzeuge natürlich trotzdem vermissen.

Vielen Dank, Lena, für das spannende Gespräch!

DAS GESPRÄCH FÜHRTEN ELISABETH SÖLLNER UND STEPHAN SIEGERT.