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  • Portätfoto von Thorsten Möllmann, draußen stehend vor dem stadtLABOR Soest

    Foto: stadtLABOR Soest

„Versuch macht klug“ – Soester Gesichter

Erstellt am: 13.09.2021

Digitalisierung hat viele Gesichter – Soest auch. In unserer Reihe „Soester Gesichter“ sprechen wir mit Personen, die in Soest leben oder arbeiten und erfahren, was aktuelle Themen und der digitale Wandel mit ihrem (Berufs-)Leben machen.

Thorsten Möllmann tanzt auf vielen Hochzeiten: Er arbeitet bei der Firma Eaton in Soest im Bereich Qualitätssicherung und Arbeitsschutz, ist Elektromeister, hat in Berlin Arbeitssicherheit studiert, setzt an Soester Schulen Projekte mit Schülerinnen und Schülern um und ist aktiv bei der Freiwilligen Feuerwehr, wo er sich für eine Drohnenstaffel eingesetzt hat. Thorsten Möllmann ist 41 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Töchter und hat uns im Interview seine Sicht auf die Digitalisierung erklärt.

Herr Möllmann, wie betrifft die Digitalisierung Sie?

Ich bin mit Herz und Seele dabei, Projekte anzustoßen – unter anderen auch über meinen Arbeitgeber. Wir haben zum Beispiel gemeinsam mit dem Archigymnasium eine autarke Wetterstation gebaut, die mit einer Photovoltaik-Anlage gekoppelt ist. Die Daten der Wetterstation sollen in eine App umgewandelt werden – die Schülerinnen und Schüler haben den Umgang und die Programmierung bereits mit Entwicklerinnen und Entwicklern von Eaton erprobt. Das machen wir schon seit 2018/2019, dort haben wir zum ersten Mal das Projekt „Engineering for Kids“ durchgeführt. Mit dem Projekt sollen Kinder einen Einblick des Ingenieursleben erhalten. Mir ist es immer besonders wichtig, beide Geschlechter anzusprechen. Meine Töchter haben nun auch schon ihr erstes elektrisches Kit bekommen, um selbst einen Stromkreis zu basteln. Mir ist wichtig, dass es eine Veränderung im Denken gibt und gesehen wird, dass auch Mädchen ein sehr natürliches Interesse an technischen Sachverhalten und Berufen haben und sie nicht dort „hingedrängt“ werden müssen. 

Ein wichtiges Thema ist auch die Freiwillige Feuerwehr hier in Möhnesee-Körbecke. Hier habe ich als Mitinitiator die Drohnenstaffel auf den Weg gebracht. Mit Wärmebildern und Digitalbildern können wir Branderkundung oder Menschensuche unterstützen. Hier in Körbecke sind zehn Personen als Piloten ausgebildet, wir haben zwei Drohnen, teilweise auch durch uns privat finanziert. Auch das ist ein riesiges Projekt: Von den Schulungen bis hin zu den Überlegungen zu Datenübertragungen. Vor einigen Wochen ist auch in Soest eine größere Drohnenstaffel aufgebaut werden, auch aus anderen Kommunen kamen Fragen zu Drohenenbilder, Einsatzzeiten Digitale Übermittlungen und dergleichen, die wir beantworten dürften.

Auch bei der Arbeit betrifft mich das Thema natürlich, ich bin zum Beispiel für Ergonomiebeurteilungen, also der Untersuchung der wechselseitige Anpassung zwischen dem Menschen und seinen Arbeitsbedingungen, zuständig. Da steckt auch viel Digitalisierung drin. Hier werden einzelne Bewegungsabläufe zum Beispiel aufgenommen mit Videoscanning, um sie und die Arbeitsumgebung anschließend zu optimieren.

Und im Alltag?

Hobbymäßig arbeite ich gerade an einer Art „Stammbaumerkundung“, was digital sehr gut funktioniert. Da haben wir mittlerweile Verwandte dritten bis zwölften Grades gefunden und einen Stammbaum mit über 1.000 Personen aufgebaut – teilweise mit sehr interessanten Hintergründen zu Vertreibung, Kriegen etc. So kann man durch die Digitalisierung Personen auch wieder ein Gesicht und eine Geschichte geben – in Form von Bildern oder Geschichten. Wir haben in den USA Verwandte ausfindig gemacht und uns dann über Videokonferenzen in Verbindung gesetzt; das nur als ein Beispiel.

Sind noch weitere Projekte in Planung?

Eine weitere Projektidee ist gemeinsam mit Patrick Schnell, Lehrer am Archiygmnasium, in einem Workshop des StadtLABORs entstanden: Die Idee ist, mit Wetterstationen eine gesteuerte Bewässerung der Soester Börde und der hiesigen Wälder zu ermöglichen. Das ist ein spannendes Thema, die Idee ist aber noch in der Findungsphase.

Woher kommt Ihre Motivation, sich für digitale Themen einzusetzen, vor allem auch ehrenamtlich?

Das ist schwierig zu beantworten. Die Motivation ist einfach da. Vielleicht ist es eine Grundeinstellung, die dazu beiträgt. Und sicherlich auch die Kolleginnen und Kollegen, die mitziehen – dafür ist es notwendig, die richtigen Leute zu finden und das Ganze motiviert und mit Euphorie anzugehen. 

Dennoch denke ich, dass der Weg auch davon weggehen muss, dass jede Kleinigkeit monetär vergütet werden muss. Am Ende muss es vor allem Spaß machen. Gerade in der Corona-Zeit muss es Möglichkeiten geben, Perspektiven zu zeigen. Meine Familie hat wirklich Glück, denn wir haben einen Garten, wohnen sehr ländlich und meine Kinder haben tolle Möglichkeiten, sich auch während der Pandemie auszuprobieren und Dinge zu erleben. Umso wichtiger ist es, dass Kindern und Jugendlichen, denen es anders geht, gezeigt wird, was es noch für Möglichkeiten gibt.

Woher haben Sie denn Ihre Fähigkeiten?

Ich habe mit 12 angefangen, auszuprobieren – also zum Beispiel Glühbirnen aus Taschenlampen in Steckdosen zu stecken und zu schauen, ob sie leuchten. Das hat tatsächlich auch einmal geklappt, danach war sie kaputt. Also, es ist viel Interesse am Ausprobieren. Ich habe mit Elektroinstallation angefangen, darüber hinaus ist es mir ebenfalls wichtig, Wissen zu vermitteln und weiter zu geben – so entstehen Synergieeffekte. Und durch den Bau meines eigenen Hauses habe ich viel selbst versucht: Versuch macht klug. Viel ist „learning by doing“. Viel ist abgucken, lernen, fragen, offen sein für Neues und Änderungsprozesse stattfinden lassen. Das blockiert viele – im Privatleben aber auch Unternehmen.

Gibt es etwas, das Ihnen im Bereich Digitalisierung Bauchschmerzen bereitet?

Kritisch sehe ich den Datenschutz. Private Kommunikation mit Fotos ist in der Regel nicht verschlüsselt. Das ist auch ein Thema für uns alle, auch für Kinder. Viele nutzen ja zum Beispiel TikTok, bei der Anwendung gibt es ja auch vermeintliche Datenschutzlücken. Da machen sich viele keine Gedanken.

Auf einer Skala von 1-10 – wie digital ist Soest für Sie?

Zwischen 7 und 8.

Die Zahl ist natürlich getrieben durch die Digitale Modellregion und die Projekte wie das 3D-Stadtmodell, mit dem ich mein Gebäude ausmessen kann, aber auch durch Schulen, die Wirtschaftsförderung. Oder auch das StadtLABOR mitten in der Innenstadt. Da bleiben einfach verdammt viele stehen und schauen, was passiert da?

Welche Wünsche haben Sie für Soest?

  1. Historische Dinge mehr mit dem Heute verbinden
  2. Die Soester Kultur noch mehr digitalisieren

Man könnte zum Beispiel eine Soester Schnitzeljagd machen, wo ich mit meinem Smartphone auf ein Straßenschild zugehe und mehr Infos bekomme. Das Alte mit dem Neuen verbinden, das wäre toll. Wir haben zum Beispiel auch noch alte Gaslaternen, das wissen Viele nicht.

Äußerungen unserer Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Das stadtLABOR macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner*innen in Interviews und Diskussionen nicht zu Eigen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTEN KERSTIN GROßBÖEHMER UND JUDITH SÜMMERMANN.